Dawud Gholamasad

Die Lehren aus der Regierungskrise Frankreichs: Verfassungsimmanente Krisenpotenziale des Semipräsidialsystems

 

Frankreich hat bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Juli 2024 zwar mehrheitlich links gewählt, erhielt jedoch trotz massiver Proteste eine Mitte-Rechts-Regierung. Die Linke war zwar als stärkste Kraft aus der Parlamentswahl hervorgegangen, konnte jedoch keine eigene Mehrheit aufbauen, um einen Premierminister zu stellen. Daher sieht die Linke in Michel Barnier einen Regierungschef „von Le Pens Gnaden“ und wirft Präsident Macron einen „Staatsstreich“ vor. Denn auch die anderen politischen Lager konnten keine eigene Mehrheit erreichen.

Angesichts dieser Pattsituation und der fehlenden Koalitionskultur in Frankreich ernannte Präsident Macron den konservativen Ex-EU-Kommissar Michel Barnier zum Premierminister. Nachdem der rechtspopulistische „Rassemblement National“ von Marine Le Pen auf ein Misstrauensvotum gegen den neuen Premier verzichtete, entstand eine Mitte-Rechts-Regierung. Diese hielt jedoch nicht einmal drei Monate. Frankreich steckt nun wieder in einer Regierungskrise, sodass Präsident Macron erneut einen neuen Premierminister suchen muss.

Internationale Medien machen vor allem Emmanuel Macron für den Sturz der Regierung verantwortlich. Diese Personifizierung der Krise, die als Fehleinschätzung Macrons gedeutet wird, übersieht jedoch die verfassungsimmanenten Krisenpotenziale des semipräsidentiellen Regierungssystems Frankreichs.

Ein ähnliches Krisenpotenzial war bereits im Verfassungsentwurf der „Islamischen Republik Iran“ angelegt, der in vielen Aspekten dem französischen System nachempfunden war. Dem Entwurf wurde jedoch nachträglich die „absolute Schriftgelehrtenherrschaft“ hinzugefügt. Der Konflikt zwischen dem damaligen Präsidenten Khamenei und Ministerpräsident Mussavi war ein Resultat dieser Krisenpotenziale, der durch die Entscheidung des „charismatischen Führers“ Khomeini zugunsten Mussavis beigelegt wurde.

Aus diesen Beispielen lassen sich Lehren für die zukünftige Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit des Iran nach dem Sturz der „Islamischen Republik“ ziehen.1 Diese Lehren betreffen insbesondere das semipräsidentielle Regierungssystem, das auch in Frankreich krisenanfällig ist:

Das semipräsidentielle System vereint Elemente des parlamentarischen und des präsidentiellen Regierungssystems. Die Regierung hängt sowohl vom Vertrauen des Staatspräsidenten ab als auch von der Mehrheit im Parlament. Daher kann man es auch als präsidial-parlamentarisches System bezeichnen.

1 Vergl. meine Diskussionsgrundlage der demokratischen Opposition: https://gholamasad.jimdofree.com/artikel/die-diskussionsgrundlage-einer-aktionseinheit-der-demokratischen-opposition/

2

Es ist eine Mischung beider Systeme: Wie im Präsidialsystem wird der Staatspräsident vom Volk gewählt und kann die Regierung bilden ohne Rücksicht auf die Zusammensetzung des Parlaments nehmen zu müssen. Dennoch muss er, wie in den USA, mit dem Parlament zusammenarbeiten, da dieses über die Gesetzgebung entscheidet. Im Gegensatz zum parlamentarischen System, wie etwa in Großbritannien oder Deutschland, hat der Präsident im semipräsidentiellen System nicht nur repräsentative Aufgaben. Er hat auch eine entscheidende Rolle bei der Regierungsbildung. So wird der Premierminister in Frankreich vom Präsidenten ernannt, kann jedoch durch ein Misstrauensvotum der Nationalversammlung gestürzt werden. Die Regierung ist also vom Vertrauen beider Instanzen abhängig. Der Präsident hat dabei gegenüber der Regierung einen erheblichen Einfluss, da er an der Spitze der Exekutive steht.

Diese Kombination macht das semipräsidentielle System anfälliger für Krisen als die beiden anderen Systeme, da es nicht nur von der schriftlichen Verfassung abhängt, sondern auch von der Verfassungswirklichkeit und den politischen Gepflogenheiten. So schreibt die Verfassung in der Regel vor, dass der Präsident die Regierungsmitglieder ernennt, diese jedoch vom Parlament bestätigt werden müssen. Auch kann das Parlament die Regierung stürzen. In einem semipräsidentiellen System kann es daher in der Praxis durchaus zu einer parlamentarischen Regierungspraxis kommen, da der Präsident in der Regel niemanden ernennt, der das Vertrauen des Parlaments nicht besitzt. Probleme entstehen jedoch, wenn keine Fraktion im Parlament über eine ausreichende Mehrheit verfügt und keine Koalitionsbereitschaft besteht.

Die Verfassungswirklichkeit hängt stark davon ab, ob der Präsident und die Parlamentsmehrheit dem gleichen politischen Lager angehören oder ob eine Koalition ihn unterstützt. In solchen Fällen ist der Präsident der klare politische Führer, der den Regierungschef auswählt. Dabei muss er jedoch auch die Wünsche der im Parlament unterstützenden Parteien berücksichtigen.

Im Extremfall kann der Präsident gezwungen sein, eine „Cohabitation“ – das schwierige Zusammenleben der beiden politischen Lager – zu akzeptieren, wenn er politisch realistisch ist. Ein solcher Fall trat erstmals 1986 ein, als der sozialistische Präsident François Mitterrand aufgrund einer Mehrheit der Liberalen und Konservativen im Parlament den Konservativen Jacques Chirac zum Premierminister ernannte. In der Außenpolitik konnte der Präsident jedoch weiterhin eigene Akzente setzen. Eine „Cohabitation“ gab es noch in den Jahren 1993-1995 und 1997-2002.

Gerade anhand der aktuellen Krise in Frankreich wird jedoch die systemimmanente Krisenanfälligkeit des semipräsidentiellen Systems deutlich. Es ermöglicht keine beständige und klar unterscheidbare Regierungspraxis zwischen parlamentarischem und präsidentiellem System. Vielmehr wechseln sich Phasen einer präsidentiellen Regierungspraxis – bei politischer Übereinstimmung zwischen Präsidenten und Parlamentsmehrheit – und Phasen einer parlamentarischen Regierungspraxis während der Cohabitation ab. Die zunehmende Polarisierung in Frankreich und die zunehmende Lagermentalität erschweren ein „Zusammenleben“ der politischen Lager zunehmend.

Hannover, 11.12.2024

Zum Islamismus als mobilisiertes Widerstandspotential der islamisch geprägten Menschen gegen die als Imperialismus erfahrene Globalisierung.

 

Meine Damen und Herren,

 

Ich bedanke mich für diese Einladung und begrüße ihr Interesse an einem seit dem 11. September nicht mehr zu verdrängendem Problem, mit dem wir alle existentiell konfrontiert sind. Ich deute solche Zusammenkünfte als Zeichen einer wachsenden Sensibilität für die zwischenmenschlichen und interkulturellen Probleme, die sich als Folge der zunehmenden Globalisierung der Interdependenzen der Menschen ergeben. Diese Globalisierung, die stets einhergeht mit sozialen Auf- und Abstiegsprozessen von Menschen als Einzelne und Gruppen, verschärft nicht nur die Spannungen und Konflikte der zwar nationalstaatlich organisierten, aber ethnisch oder konfessionell segmentierten Menschen als Etablierte und Außenseitergruppen; sie ermöglicht zugleich auch eine entsprechende Erweiterung der Bezugsrahmen der Selbsterfahrung der Menschen und der damit einhergehenden Reichweite der Identifizierung von Mensch und Mensch jenseits der jeweiligen Gruppenzugehörigkeit. Dies ist die unabdingbare Voraussetzung einer globalisierten Empathie, der Fähigkeit, sich in die Lage fremder Menschen zu versetzen, um sie mit ihren Ängsten und Nöten verstehen zu können. Die handlungssteuernden Zwänge anderer Menschen zu erklären und sie so zu verstehen, bedeutet jedoch nicht, sie zu entschuldigen. In meinem Vortrag geht es um solch einen Erklärungsversuch.

 

1. Zur Globalisierung als Entstehungs- und Wirkungszusammenhang einer globalen Beziehungsfalle von kulturell unterschiedlich geprägten Menschen als Etablierte und Außenseiter.

 

Meine Ausführungen sind jedoch nicht nachvollziehbar, solange man einen der zentralen Aspekte der zunehmenden Globalisierung vernachlässigt, den ich als Entstehungs- und Wirkungszusammenhang einer Beziehungsfalle von kulturell unterschiedlich geprägten Menschen als Etablierten und Außenseiter in ihrem sozialen Auf- und Abstiegsprozess bezeichne. Und zwar jene Beziehungsfalle, die durch die Globalisierung der beruflichen und staatlichen Bindungen der Menschen entsteht, ohne dass sie sich als globaler Integrationsprozess der Erfahrung der Menschen aufdrängt. Es ist der Nachhinkeffekt dieser Transformation der Wahrnehmung hinter der sozialen Transformation, der sich als Wunsch und Furchtbilder der sich gegenseitig ausschließenden sozialen Gruppen manifestiert, die real ablaufende langfristige und ungeplante globale Integrationsprozesse selektiv als Chance bzw. als Gefahr erleben.

 

Dessen ungeachtet wird diese stillschweigende Verringerung der Distanz, diese zunehmende Integrierung der in Staaten aufgespalteten Menschheit zunehmend wirkungsmächtig als gesellschaftliche Einheit und als Bezugsrahmen vieler Entwicklungsvorgänge und Strukturwandlungen. Diese umfassendere und festere Gesamtintegration der Menschheit im Sinne der zunehmenden Ersetzung der Staaten durch einen Staatenverband der Menschheit als maßgebliche gesellschaftliche Einheit ist Folge:

 

- der Verkleinerung der Entfernung zwischen vielen Staaten und Staatengruppen als Funktion der sozialen Entwicklung, die zu der des Kraftwagens und des Flugverkehrs drängte,

- der Verdichtung des Kommunikationsnetzwerkes als Folge der Entwicklung der Massenkommunikationsmittel, und

- der Ausweitung des globalen Touristen-, Güter- und Kapitalverkehrs,

- kurz: der schnellen Verdichtung des Netzwerkes der Interdependenzen zwischen den Staaten der Welt im Laufe des 20. Jhs.1

 

Mit dieser Verdichtung des Netzwerkes der Interdependenzen zwischen den in ca. 150 Staaten organisierten 6,1 Milliarden Menschen, sind diese Staaten als mehr oder weniger feste Verbände in höherem oder geringerem Maße voneinander abhängig geworden, sei es in ökonomischer Hinsicht, sei es durch einseitige oder gegenseitige Gewaltandrohung oder je nachdem auch durch sehr direkten Gewaltgebrauch, sei es durch Ausbreitung von Selbstregulierungs- und anderen Verhaltens- und Empfindensmustern von bestimmten Zentren her, sei es durch Übernahme von Sprach- und sonstigen kulturellen Modellen und in vielerlei anderer Hinsicht.

 

Diese stillschweigende Verringerung der Distanz, die zunehmende Integrierung der Menschheit, bedeutet nicht nur eine steigende horizontale soziale Mobilität der Menschen auch über die Grenzen des eigenen Staates hinaus, die sich etwa in Tourismus und Migration als Massenerscheinungen und damit in einer Vergrößerung der Chancen der Individualisierung äußert. Zugleich geht eine steigende vertikale soziale Mobilität und somit eine funktionale Demokratisierung inner- und zwischenstaatlicher Beziehungen mit der zunehmenden Integrierung der Menschheit einher, die als sozialer Auf- bzw. Abstiegsprozess erfahren wird.

 

Diese zunehmende gegenseitige Angewiesenheit und Abhängigkeit der staatlich organisierten Menschen drückt sich daher nicht zuletzt in Manifestationen der Eskalation ihrer nicht mehr übersehbaren existentiellen Ängste voreinander aus. Sie fühlen sich zunehmend in ihrer physischen und sozialen Existenz gegenseitig als Etablierte und Außenseitergruppen bedroht. Folglich prägen sie sich in ihren emotionalen Verstrickungen gegenseitig durch eine globalisierte Kultur des Misstrauens und tragen so zu einem Teufelskreis der gegenseitigen Bedrohung bei.

 

Daher fühlen die europäischen und amerikanischen Bürger und ihre Regierungen sich seit dem Niedergang der Sowjetunion - der einherging mit dem Zerfall der bipolaren Hauptspannungsachse zwischenstaatlicher Beziehungen und der Entstehung ihrer Multipolarität - zunehmend von den Staaten des Nahen und Mittleren Ostens und deren islamisch geprägten Bürgern bedroht. Es ist dieses angstgesättigte Erlebensmuster der Etablierten dieser Welt, das sich nicht nur in solchen phantasiegeladenen Abwehrreaktionen wie der theoretischen Konstruktion eines „Clash of Civilizations“2 manifestiert. Dieser prophezeite „Kampf der Kulturen“ schreibt als ihre Gefühlserfahrung und Phantasie den „Kulturen“ Eigentümlichkeiten einer Person oder einer Sache zu, die scheinbar von sich aus als kausale Triebkraft zu wirken vermag, fast unabhängig von den Menschengruppen, die derart miteinander verkehren. So wird nicht nur verdrängt, dass es sich um eine mögliche Eskalation der bestehenden Spannungen und Konflikte der kulturell unterschiedlich geprägten Menschengruppen handeln könnte, die mit extrem ungleichen Macht– und Statuschancen ausgestattet sind. Mit der Hervorhebung der Zivilisationsdifferentiale als Exklusions- und Inklusionskriterien, wird zugleich ein Weltbild entlang der Konfliktlinie zwischen „the West and the Rest“ konstruiert, das - mit Islam als Hauptfeind - die Renaissance eines Zivilisations- und Kulturbegriffes Vorschub leistet, der als gruppencharismatischer Kampfbegriff gegen jene machtschwächeren Völker geprägt wurde, die damit als „unzivilisiert“ und „barbarisch“ stigmatisiert wurden.

 

In solchen Stigmatisierungen zeigt sich eine gruppencharismatische Angstreaktion der Etablierten, die auf einer Wahrung der Machtunterschiede und ihrer eigenen Überlegenheit beharren oder noch zu deren Erhöhung hin drängen, gegen die Herausforderung der Außenseitergruppen, die sich mit stillem Druck oder offener Tat um einen sozialen Aufstieg bemühen und somit auf eine Verringerung der Machtdifferenziale hin drängen. Diese Angstreaktion manifestiert sich nicht zuletzt in den Äußerungen der amerikanischen und europäischen Staatsoberhäupter wie Silvio Berlusconi, der nicht zuletzt und in der Hitze des Gefechts gemeinsame Glaubensaxiome und Werthaltungen der Etablierten dieser Welt artikulierte: „Wir sollten uns der Überlegenheit unserer Zivilisation bewusst sein, die in einem Wertesystem besteht, das den Menschen breiten Wohlstand in den Ländern beschert hat, die es achten, und das den Respekt der Menschenrechte und Religion garantiert.“(...) Mit dieser Selbsterhöhung hebt er zugleich eine selbstverständliche Mission der machtstärkeren Staatsgesellschaften hervor, die man als Glaube an die zivilisierende Mission europäischer Völker längst für überwunden hielt: “Das Abendland ist dazu bestimmt, die Völker zu verwestlichen und zu erobern.“3

 

Hier wird nicht nur deutlich, dass kollektive Lob- und Schimpfphantasien auf allen Ebenen von Machtbalance-Beziehungen eine unübersehbare, zentrale Rolle für gesellschaftliche Praxis spielen, deren Entwicklung Funktion der Entwicklung der betreffenden Gruppen ist. Es lässt sich auch hier wie immer beobachten, dass Mitglieder von Gruppen, die im Hinblick auf ihre Macht anderen, interdependenten Gruppen überlegen sind, von sich glauben, sie seien im Hinblick auf ihre menschliche Qualität besser als die anderen. Dabei sehen sie sich ausgestattet mit einem Gruppencharisma, einem spezifischen Wert, an dem ihre sämtlichen Mitglieder teilhaben und der anderen abgeht. Und mehr noch: Als Funktion der unüberwindbaren Machtdifferenziale, können immer wieder die Machtstärkeren die Machtschwächeren selbst zu der Überzeugung bringen, dass ihnen die Begnadung fehle - dass sie schimpfliche, minderwertige Menschen seien.4 Sie wundern sich bloß, dass die Machtschwächeren sich rächen und zu einer gewaltigen Gegenstigmatisierung ausholen, sobald sich die Machtbalance zu ihren Gunsten verschiebt und sie sich dieses relativen Machtzuwachses bewusst werden.5

 

Es muss einsichtig sein, dass mit einer solchen erniedrigenden und stigmatisierenden Statusideologie, die als Angriffs- und Verteidigungswaffe der Etablierten ihre eigene Überlegenheit betont und rechtfertigt und die Bürger der machschwächeren Staaten als minderwertige Menschen abstempelt, permanent eine globale Beziehungsfalle zwischen Etablierten und Außenseitern reproduziert wird. Entstanden aus einer empfundenen Bedrohung, ist diese „Ideologie“ - als System von Einstellungen und Glaubensaxiomen - aufgebaut um bestimmte stereotype Themen. Sie wird aber verbreitet und aufrechterhalten durch einen unaufhörlichen Strom von journalistisch zubereiteten Informationen mittels eines globalisierten Netzes von Massenkommunikationsmitteln, das einerseits dazu neigt, selektiv alle Ereignisse innerhalb und außerhalb der machtstärkeren Staaten aufzugreifen, die zu deren Erhöhung beitragen, sowie andererseits alle Ereignisse innerhalb und außerhalb der weniger entwickelten Gesellschaften, die das Negativbild der aufstiegsorientierten machtschwächeren Menschen verstärken. Diese zur Selbstverständlichkeit verfestigte Statusideologie, die den Stammtisch-Gesprächen den nötigen Stoff liefert, verstellt schließlich den Blick für alle Ereignisse, die ihr irgend hätten widersprechen können.6

 

Diese Statusideologie der Etablierten, samt der entsprechenden Gefühlslage, kommt nicht minder in der Erklärung der 58 führenden amerikanischen Intellektuellen zum Ausdruck, die im Namen von fünf „ fundamentalen Wahrheiten“ den amerikanischen Krieg gegen den „Terrorismus“ zu legitimieren versuchen. Sie heben hervor: "Manchmal wird es notwendig für eine Nation, sich selbst mit Waffengewalt zu verteidigen“. Dabei bekräftigen Sie ihre „fünf fundamentalen Wahrheiten“ und stellen fest: „Wir kämpfen, um uns selbst und diese allgemeingültigen Prinzipien zu verteidigen“. Denn konsequenterweise richtet sich (der) Hass (der Islamisten) nicht allein gegen das, was unsere Regierung tut, sondern gegen das, was wir sind - gegen unsere Existenz.“ So definieren sie ihre Existenz durch die Werte, die sie vertreten, in dem sie fragen: „Wer also sind wir? Was sind unsere Werte?7

 

Mit einem Selbstbegriff im Sinne der demonstrativen Hervorhebung der als eigen erklärten „grundlegenden Werte, die unsere (amerikanische) Lebensweise definieren“ und die „für die Menschen überall auf der Welt“ attraktiv seien, wird also die Notwendigkeit eines Verteidigungskrieges behauptet, in dem nicht nur das Leben der als Feinde definierten Menschen geopfert werden darf, sondern auch das der Eigenen.8

 

Allein, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die islamisch geprägten Gesellschaften sich schon praktisch seit Jahrhunderten in solch einer bedrohlichen Lage befinden, wie sie die amerikanischen Intellektuellen für die Legitimierung ihres „Verteidigungskrieges“ hervorheben, begreift man die Funktion der angstgesättigten „Verschwörungstheorien“9 der Islamisten als Abwehrrektionen der machtschwächeren und als minderwertig stigmatisierten Menschen. In der Tat ist die „Dämonisierung der Außenwelt und die Zurückführung allen Übels auf ihre Machenschaften“10 im Sinne eines voluntaristischen Entwicklungsbegriffs Folge der Erfahrung extremer Machtdifferentiale und des sich daraus ergebenden permanenten Gefühls, extrem fremdbestimmt zu sein. Eine solche Erfahrung der Fremdsteuerung verselbständigt und verfestigt sich als Kultur im Sinne der „zweiten Natur“ der Menschen durch die soziale Vererbung und praktische Wiederholung dieser Erfahrung über langen Generationenketten.

 

Diese machtschwächern Menschen werden sich mit zunehmender funktionaler Demokratisierung im Sinne der Verlagerung der Machtbalance zu ihren Gunsten als Folge der zunehmenden Globalisierung der gesellschaftlichen Funktionsteilung und Multipolarität zwischenstaatlicher Beziehungen ihres relativen Machtzuwachses bewusst, ohne dass sie damit gleichzeitig in der Lage wären, ihren verschwörungstheoretischen bzw. voluntaristischen Entwicklungsbegriff aufzugeben. Aus dieser Erfahrung heraus, holen sie zu einer Gegenstigmatisierung der Machstärkeren als „korrupt und verdammt“ aus11, während ihre militanten Teilformationen diese praktisch mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln herausfordern. Es sind jedoch die absolut unüberwindbar großen Machtdifferenziale zu ihren Ungunsten, die das Selbstmordattentat zu ihrer scheinbar wirkungsvollsten Angriffswaffe gegen eine als Imperialismus erfahrene Globalisierung macht. Dies wird verständlich, wenn man sich die Sozio- und Psychogenese des Islamismus als globale Herausforderung vergegenwärtigt und damit eine Umorientierung einleitet.

 

2. Zu einigen Aspekten der Sozio- und Psychogenese des Islamismus als globale Herausforderung

 

Diese Umorientierung setzt aber vor allem voraus, den Islamismus nicht als Ideologie der extrem gewaltbereiten Muslime zu begreifen, die den Islam missbrauchen, im Unterschied zum Islam als der wahren Religion der sonst friedfertigen Muslime. Mit dieser Stigmatisierung eines als bedrohlich empfundenen Gegners und der Unterstellung eines rationalen Kalküls bei Islamisten kann man zwar die eigenen momentanen Reaktionen legitimieren, behandelt aber nur die Symptome.

 

Der Islamismus ist ein Orientierungsmittel der islamisch geprägten Menschen. Er ist - wie jedes Glaubenssystem - vor allem ein mehr oder weniger affektiv besetztes Begriffssystem, mit dessen Hilfe sich eine bestimmte Gruppe von Menschen vornehmlich die Gesellschaft vorstellt, die sie miteinander bilden, und das zugleich größtenteils unbewusste, mehr oder weniger enge emotionale Bindungen zu ihr symbolisiert. Seine Hauptfunktion ist nicht, diesen Menschen eine Darstellung der physischen Welt zu geben.12 Als Glaubenssystem hat also der Islamismus wie jede andere Glaubensvorstellung, neben der verhaltens- und empfindenssteuernden Funktionen, zugleich identitätskonstituierende und -regulierende Funktionen: Er gibt den Menschen an, wer sie sind und wofür es sich lohnt, zu leben bzw. notfalls das eigene Leben zu opfern, wenn das Überleben der sozialen Einheit dies erfordert, welche der vornehmliche Bezugsrahmen der Selbsterfahrung ist. Er verleiht Ihnen ein Sinn und Selbstgefühl im Rahmen einer Ich-Wir-Balance, sowohl als Einzelner und zugleich als Angehöriger ihrer sozialen Überlebens- und Sinneinheit. Durch die emotionale Partizipation an einer solchen sozialen Einheit wird nicht nur das physische Überleben der einzelnen Menschen gesichert, sondern auch ein Weiterleben nach dem physischen Tod in der Erinnerung der Menschen ermöglicht. Als religiöses Glaubenssystem unterscheidet sich der Islamismus von säkularisierten Glaubenssystemen in der Tat durch den Grad seines Phantasiegehaltes bzw. seiner Realitätsangemessenheit. Von daher verspricht er den Menschen für den hohen Preis, den sie als Angehörige der Gemeinschaft zu zahlen haben, mehr als die eher säkularisierten Glaubenssysteme: einen Wert und Sinn, der das eigene Leben transzendiert.

 

Demnach ist der Islamismus der Orientierungsrahmen einer sozialen Bewegung, die den Verhaltens- und Erfahrenskanon einer älteren Führungselite der islamisch geprägten Gesellschaften als Islam idealisiert und zu Gottes unveränderbarem Gesetz hypostasiert. Er ist eine Entwicklungsform des normativen Bildes, das eine bestimmte Gruppe von Menschen von der sozialen Welt hat, eine bestimmte Entwicklungsform einer Gesamtvision, eine gruppenspezifische Entwicklungsform der integrierenden Gesamtvorstellung von Menschen, als Individuen und Gesellschaften, die auf die erinnerte Epoche einer islamischen Vormachtstellung zurückgeht. Der Islamismus repräsentiert in diesem Sinne eine normative Vorstellung einer gottgefälligen Macht- und Statusbalance, die nur zu Gunsten der Muslime geneigt sein darf. Folglich erscheint den Islamisten vor allem die gegenwärtige Verteilung der Macht- und Statusquellen als ungerecht, weil sie eine mit Gruppencharisma ausgestattete Gemeinschaft der gottesfürchtigen Muslime benachteiligt.

 

Die Gemeinsamkeit der Muslime im Allgemeinen und Islamisten im Besonderen liegt also nicht nur in der gemeinsamen gruppencharismatischen Überzeugung aller Muslime, Anhänger Mohammads, des letzten Gesandten Gottes und als solcher Verkünder Gottes letzter, vollkommener Religion zu sein. Sie liegt auch in ihrem gemeinsam erinnerten Erfahrungsbild von der sozialen Realität.13 Doch obwohl Ihre gemeinsamen Wurzeln in den überlieferten Schriften und Denktraditionen liegen, ist der Islamismus doch ein Phänomen der Gegenwart. Dementsprechend kann man auch nicht leugnen, dass er eine Reaktion der im Modernisierungsprozess involvierten Menschen gegen moderne Probleme ist – Aber welche Probleme?

 

3. Der Islamismus als nativistisch orientierte chiliastische Erhebungen der islamisch geprägten Menschen

 

Untersucht man inhaltlich die Glaubensaxiome und Werthaltungen der Islamisten, erweisen sich die islamistischen Bewegungen als nativistisch14 orientierte chiliastische Erhebungen. Sie entstanden als Umschlag des chiliastischen Quietismus der islamisch geprägten Menschen in ihren chiliastischen Aktivismus15: Begreifen wir den als „Prinzip Hoffnung“ bekannten Chiliasmus im Sinne der kollektiven Aufbruchsbereitschaft zur Herstellung paradiesischer Glückszustände auf Erden16, wie sie sich religiös im Glauben an ein Reich der Gerechtigkeit nach der Wiederkehr des Erlösers ausdrückt. Und verstehen wir unter Quietismus eine Orientierung der Menschen auf eine Verschmelzung mit Gott durch wunsch- und willenloses Sichergeben in seinen Willen, wie sie sich in ihrer apokalyptischen Weltabgeschiedenheit und völliger Ruhe des Gemüts manifestiert. Dann sind islamistische Bewegungen Ausdruck des Umschlags einer kollektiven Aufbruchsbereitschaft der islamisch geprägten Menschen für Herstellung paradiesischer Glückzustände bzw. Gerechtigkeit auf Erden in einen kollektiven Aufbruch von nativistisch orientierten Menschen, d.h. von Menschen, die mit einem neuen Schema von Selbstwerten, nicht nur ihren eigenen Selbstwert als Gruppe demonstrativ hervorheben. Als nativistische Bewegung ist der Islamismus zugleich eine der aktiven Durchsetzungsformen eines neu empfundenen eigenen Wertes für sich und für andere in Gestalt der Durchsetzung eines neuen Schemas der Verteilung der konstitutiven Bestandteile der Selbstachtung, also der Verteilung der Symbole der Überlegenheit, an denen nicht nur das Selbstwertgefühl der aufstiegsorientierten, islamisch geprägten Menschen haftet.17

 

Dies wird nachvollziehbar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Kraft der lebenssteigernden Funktion des Selbstwertgefühls sich gegenwärtig unter anderem in der Universalität der Neigung zeigt, den Wert der eigenen Gruppe auf Kosten des Wertes anderer zu erhöhen.18 Der eigene Selbstwert, sowohl in den eigenen Augen als auch in den Augen anderer sozialer Formationen, bestimmt sich daher durch das Ergebnis der Konkurrenz- und Ausscheidungskämpfe zwischen verschiedenen Menschengruppen um die Verteilung der Macht- und Statusquellen. Folglich ergibt sich die zwingende Kraft der Selbst- und Fremdwertbeziehungen nicht zuletzt aus der Furcht der Menschen voreinander, vor der physischen Vernichtung, Versklavung, Ausbeutung, Abhängigkeit etc und nicht zuletzt vor Vernichtung der Sinngebung. Die Angst vor einem drohenden Sinnverlust ruft dann schließlich nicht selten Gefühle extremer Feindseligkeit hervor, derart, dass die Gläubigen bereit sind, die als Gegner empfundenen Anders-Gläubigen zu vernichten, um ihr eigenes Glaubenssystem und ihre Tradition bzw. ihre Höherwertigkeit zu garantieren.

 

Diese Deutung wird einem nahegelegt, wenn man diesen Menschen aufmerksam zuhört und ihr Anliegen ernst nimmt. Nur so kann man sie, samt ihres Leidensdrucks, verstehen. Denn wo Leiden ist, ist auch Leidenschaft. Es ist ihr unerträglicher Leidensdruck, der diese nativistisch orientierten chiliastischen Aktivisten dazu treibt, für die Herstellung neuer Selbstwertbeziehungen im Sinne der Umkehrung der bestehenden Macht- und Statusordnung, sogar sich selbst individuell zu opfern. Die Notwendigkeit dieser autodestruktiven Tendenzen wird z. B. durch Ayatollah Chomeini hervorgehoben, der bereits in den sechziger Jahren seine berühmte Formel prägte, der Islam sei ein Baum, der nur wachsen könne, wenn er durch das Blut der Jugend genährt werde. Zu lange schon hätten die Muslime den Tod gefürchtet, und um ihn zu entgehen, einen hohen Preis bezahlt – das unwürdige Leben in einer Tyrannei.19 Mit der Ablehnung der passiven Geisteshaltung der Quietisten, die besonders durch das Streben nach einer gottergebenen Frömmigkeit und Ruhe des Gemüts gekennzeichnet ist, unterscheiden sich die chiliastischen Aktivisten also dadurch, dass sie nicht mehr auf den Erlöser warten können. Der Höhepunkt dieser Selbsterlösung ist ihr Selbstmordattentat, das man als Umschlag der kollektiven Trauer der islamisch geprägten, aufstiegsorientierten Menschen in ihren Hegemonialrausch interpretieren kann.

 

In dieser affektiven Enthemmung manifestiert sich der Umschlag der Bereitschaft zum Aufbruch in praktischen Aufbruch zur Herstellung der Gerechtigkeit, als Folge des Wandels der vom Verlangen nach Achtung und Selbstachtung dominierten Bedürfnisstruktur der siegesgewissen chiliastischen Aktivisten. Dieser Strukturwandel des Bedürfnisses ist nicht nur das Ergebnis der relativ zunehmenden Befriedigung ihrer ökonomischen Bedürfnisse, welche die nicht-ökonomischen Bedürfnisse in den Vordergrund drängt und so zunächst die wohlhabenderen Schichten zur Kerngruppe der islamisch geprägten Selbstmordattentäter werden lässt. Diese Verschiebung der Valenzfiguration der Außenseiter ist auch Folge einer Verschiebung der Machtbalance zugunsten der machtschwächeren Menschen auf unterschiedlichen Integrationsebenen, im Sinne einer funktionalen Demokratisierung und zwar als Folge der Modernisierung. Ihre affektive Enthemmung dokumentiert aber zugleich einen Ent-Zivilisierungsschub ihres Verhaltens und Empfindens als Bumerangeffekt einer permanent erfahrenen unerträglichen Demütigung durch die Etablierten dieser Welt, die sie als eine Kriegserklärung der machtstärkeren Staatsgesellschaften auf allen, ökonomischen, politischen, kulturellen und militärischen Ebenen begreifen.

 

Es ist die Jahrhunderte lange unerträgliche Erfahrung der praktischen Reproduktion hegemonialer Positionen der globalen Kerngruppen der Macht als Imperialismus, die den Islamismus als Widerstandspotential der islamisch geprägten Menschen mobilisiert und <

dessen Anhänger bis zum Äußersten treibt. Eine kurze Erörterung der Psychogenese der islamistischen Selbstmordattentäter mag dies verständlich machen.

 

4. Zur Psychogenese der islamistischen Selbstmordattentäter

 

Wie in jedem zivilisationsbegründenden normativen Selbstbild der Menschen als Einzelne und Gesellschaften im Sinne eines gemeinsam kommunizierbaren Orientierungs- und Kontrollmittels, ist die Anwendung von Gewalt gegen sich selbst und andere Menschen auch im Islam untersagt. Selbstmord wird daher als Todsünde betrachtet. Allerdings gibt es auch in diesen Gesellschaften, genauso wie in allen anderen, eine heilige Pflicht zum altruistischen Selbstmord. Im Unterschied zum egoistischen Selbstmord, also Intihar, heißt diese individuelle Aufopferung für die Gemeinschaft Ishtihad. Sie ist in einem als heilig erklärten Krieg, Djihad, eines der höchsten Gebote, für dessen Erfüllung der direkte Zugang zum Paradies versprochen wird.

 

Hier unterscheiden sich die kulturell unterschiedlich geprägten Gesellschaften nicht in der Heroisierung des altruistischen Selbstmordes im Einsatz zur Verteidigung der Gemeinschaft, als Wir-Einheit, sondern nur in der Art ihrer Belohnung. Mit der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaften wird auch sie verweltlicht. Aus diesem Grunde werden Kriege stets als Akte der kollektiven Selbstverteidigung legitimiert, in denen der Einsatz jedes Mittels erlaubt zu sein scheint. Aus dieser blutigen Erfahrung heraus entstanden internationale Konventionen, die solchen destruktiven Tendenzen zivilisatorisch definierte Grenzen setzten, deren Einhaltung die Weltgemeinschaft institutionell zu sanktionieren versucht.

 

Doch die kriegerischen Aggressionen und die damit freigesetzten affektiven Enthemmungen sind gegenwärtig Aspekte der nationalstaatlichen Organisationsform der Menschheit als Angriffs- und Verteidigungseinheiten, die in sich wiederum zumeist ethnisch und konfessionell differenziert sind. Diese Organisationsform ist einerseits gekennzeichnet durch zunehmende Zivilisierung innerstaatlicher Beziehungen als Funktion der Suspendierung der physischen Gewalt als Regulationsprinzip der Konkurrenz- und Ausscheidungskämpfe um die verfügbaren Macht- und Statuschancen. Diese Zivilisierung der innerstaatlichen Beziehungen als Zivilisierung des Verhaltens und Erlebens der Menschen im Sinne einer zunehmenden Triebundurchlässigkeit, Gleichmäßigkeit, Stabilität und Autonomie ihrer Selbstzwangsinstanzen geht aber andererseits zugleich einher mit der Nationalisierung des Ethos, und damit Heroisierung der physischen Gewalt in zwischenstaatlichen Beziehungen, deren Notwendigkeit als Selbstverteidigung legitimiert wird.

 

Der Krieg ist samt seiner Begleiterscheinungen also Funktion der Abwesenheit einer effektiven Gewaltkontrolle in den zwischenstaatlichen Beziehungen, während die Nationalisierung, Ethnisierung und Konfessionalisierung des Ethos der staatlich organisierten Menschheit ihre sich ausschließenden Glaubens- und Verhaltenstraditionen konstituieren. Dabei werden diese sich gegenseitig ausschließenden und doch überlagernden Sinneinheiten zu einem der Hauptgründe, wenn nicht zu dem Hauptgrund für die Wiederkehr von Prozessen einer wachsenden reziproken Bedrohung und Furcht20 auf verschiedenen Integrationsebenen der Menschheit. Es sind diese Glaubens- und Verhaltenstraditionen der sich gegenseitig als Bedrohung erfahrenden Menschen, die dann Kriege als Nachhinkeffekt des sozialen Habitus der zunehmend global interdependent werdenden Menschen Vorschub leisten. Diese Kriege sind also ein Nachhinkeffekt der Reichweite der Identifikation von Mensch und Mensch jenseits der Gruppenzugehörigkeit angesichts der zunehmenden Globalisierung ihrer Interdependenzen. Sie sind, mit anderen Worten, der Nachhinkeffekt der Humanisierung der sich funktional konstituierenden Menschheit im Prozess der zunehmenden Globalisierung der gegenseitigen Abhängigkeiten der Menschen als Einzelne und Gruppen. Die zunehmende Gefahr jedes Kriegsausbruchs selbst ist aber auch Folgeerscheinung der funktionalen 

Demokratisierung der zwischenmenschlichen Beziehungen, wie sie sich durch diese Verlängerung und Verdichtung der Interdependenzketten der Menschen im Prozess der zunehmenden Globalisierung ihrer gegenseitigen funktionalen Angewiesenheiten und Abhängigkeiten ergibt.

 

Kriege sind aber kollektive Angriffs- und Verteidigungshandlungen der Menschen, die sich u.a. durch die Reichweite ihrer Identifikation mit Menschen zivilisatorisch von einander unterscheiden. Im Falle der Islamisten erstreckt sich die Reichweite ihrer Identifikation auf ihre Glaubensbrüder, auf die idealisierten Muslime als eine Gemeinschaft, an die sie sich als eine Hegemonialmacht erinnern.

 

Für die Wiederherstellung dieser erinnerten hegemonialen Machtposition der Muslime sind sie zu jedem Opfer bereit, weil das gruppencharismatische Wir-Ideal, das an einem idealisierten Bild ihrer selbst in der Zeit ihrer Größe ausgerichtet ist, für sie als verpflichtendes Modell weiterlebt. Ihr als heilig erklärter Krieg, den sie mit dem Einsatz ihres eigenen Lebens führen, ist daher die radikalste Form der Erfüllung dieser Verpflichtung. Es ist diese Pflichterfüllung, die sich als Umschlag des quietistischen Chiliasmus eines islamisch geprägten Nativismus in ihren Aktivismus manifestiert. Dieser Umschlag ihrer kollektiven Trauer in einen Hegemonialrausch wurde zwar ermöglicht durch die Erfahrung der funktionalen Demokratisierung im Sinne der Transformation der inner- und zwischenstaatlichen Machtbalance zu ihren Gunsten. Doch es ist die zwingende Macht dieses verpflichtenden Modells, die als kollektive Aufbruchsbereitschaft virulent bleibt und zum Aktivismus treibt. Die handlungssteuernde Macht dieses verpflichtenden Modells ist nur dann nachvollziehbar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Wir-Bild und Wir-Ideal eines Menschen ebenso ein Bestandteil seines Selbstbildes ist, wie das Bild und Ideal seiner selbst als der einzigen Person, zu der er „Ich“ sagt. Hinzu kommt, dass in solchen weniger individualisierten Gesellschaften das Verhältnis des Gefühlsgewichts von Wir- und Ich-Identität durch die enorme emotionale Bedeutung der Wir-Identität dominiert wird.21

 

Zur Entstehung dieses verpflichtenden Modells und der gegenwärtigen Gefühlslage der Islamisten trägt vor allem ihre Erinnerung an zwar ungewöhnliche, aber doch idealisierte Errungenschaften der Muslime während der ersten sechs Jahrhunderte der islamischen Herrschaft bei: Die islamisierten Gesellschaften waren in dieser Periode die relativ entwickeltsten. Sie lieferten die höchstentwickelten wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften und schufen ungewöhnlich siegreiche Armeen. Die islamisch geprägten Menschen erinnern sich gern an das Erfolgsmuster der Muslime, das ihnen selbstverständlich erscheint, verließ doch der Prophet Muhammad Mekka im Jahre 622 als Flüchtling, um acht Jahre später als Herrscher zurückzukehren. Man erinnert sich daran, dass schon 715 die muslimischen Eroberer ein Imperium errichteten, das von Spanien im Westen bis Indien im Osten reichte. Aus diesem Grunde schien ihr Glaube für eine lange Zeit ein Distinktionsmittel, also Unterscheidungsmerkmal ihres höheren sozialen Ranges gegenüber anderen Gruppen zu sein. So bedeutete ein Moslem zu sein, zugleich Angehöriger einer siegreichen und dominanten Gemeinschaft von Menschen zu sein, die sich durch ihr Zivilisationsmuster von anderen abhob. Es ist also kein Wunder, dass heutzutage manche Muslime nachträglich eine Korrelation zwischen ihrem Glauben und ihrem sozialen Aufstieg als Hegemonialmacht herstellen und sich daher als charismatische Gruppe im Sinne einer von Gott bevorzugten Gemeinschaft begreifen.

 

Ihre Jahrhunderte lange kollektive Trauer ist Folge der Erfahrung des sozialen Abstiegs der islamischen Welt seit dem 13. Jh., ohne dass Muslime sich dessen bis zum 18. Jh. bewusst wurden. Während man sich nämlich im Westen auf neue Entdeckungen begab, versank die islamische Welt in dieser Zeitperiode in einer Art selbstgefälligen Ignoranz. Dies wird ausgedrückt z. B. durch den berühmten muslimischen Intellektuellen, Ibn Khaldun, der um 1400 über Europa schreibt, „ich höre, dass sich einiges im Lande der Römer entwickelt, aber nur Gott weiß, was dort passiert.“ Diese Ahnungslosigkeit machte die Muslime verwundbar, als sie nicht mehr ignorieren konnten, was in Europa inzwischen passiert war, nämlich ein Anstieg der Machtchancen, der sich aus der Entwicklung der Triade der Grundkontrollen ergab: der Naturkontrolle in Gestalt der technologischen Entwicklung, der sozialen Kontrolle in Gestalt der Nationalstaatsbildung und der Trieb- und Affektkontrolle in Gestalt der zunehmenden Zivilisierung des Verhaltens und Erlebens der Menschen in Europa. Es war also die fortschreitende, gerichtete Entwicklung dieser Triade der Grundkontrollen, die den Muslimen entging; eine Entwicklung, die sich aus jahrhunderterlangen, ungeplanten Verflechtungsprozessen zielgerichteter Wünsche, Pläne und Handlungen von Millionen von Menschen unterschiedlicher ethnischer und konfessioneller Herkunft in einer langen Generationenkette der Menschheit ergab und schließlich zur Verlagerung der Machtbalance zwischen den islamisch und den christlich geprägten Gesellschaften und damit zu ihrem sozialen Auf- bzw. Abstieg führte.

 

Der dramatischste Wendepunkt der Machtbalance zu Ungunsten der Muslime kam im Juli 1798 zu ihrem Bewusstsein, als Napoleon Bonaparte in Ägypten landete und so das Zentrum der muslimischen Welt mit erstaunlicher Leichtigkeit eroberte. Andere Angriffe folgten über die nächsten Jahrhunderte. Nach der zionistischen Besetzung Palästinas und den demütigenden Niederlagen der arabischen Staaten im Sechs-Tage-Krieg, scheint der wohl tragischste dieser Angriffe für Muslime wie Bin Laden die US-amerikanische Präsenz in Saudi-Arabien seit der irakischen Invasion Kuwaits zu sein: „Die größte Katastrophe, welche die Muslime seit dem Tod des Propheten gelitten haben, ist die Besetzung des Heiligen Landes von Ka’ba und die Qible durch die Christen und ihre Verbündeten“22 verkündete Bin Laden bereits im August 1996. Zur Bekämpfung dieser „Besetzung des Bodens der heiligen Stätten“23 fühlen sich die Islamisten deswegen verpflichtet, weil sie ihrer Wehrhaftigkeit und damit ihrer Ehre gerecht werden müssen: „Unser Terrorismus gegen Sie, die unser Land bewaffnet besetzt halten, ist unsere Pflicht. Sie sind wie eine Riesenschlange, die in unser Haus eingedrungen ist, die man töten muss“. Im Bezug auf den Saudi-Arabischen Herrscher fährt er fort: „Er, der Ihnen erlaubt, bewaffnet in seinem Land herum zu gehen, obwohl Sie Friede und Sicherheit genießen, ist ein Feigling...“24

 

Aus diesem Unvermögen des saudischen Herrschers, das staatliche Gewaltmonopol zu behaupten, das zugleich zu seiner Legitimationskrise führt, leiten also Islamisten wie Osama Bin Laden die Legitimation ihres Kampfes nicht nur gegen die USA ab, sondern auch zugleich gegen die als ungerecht empfundene Herrschaft im eigenen Land. Doch das Versagen der Staaten in islamisch geprägten Gesellschaften ist Ausdruck ihrer relativen Machtschwäche gegenüber den entwickelteren Staatsgesellschaften.

 

Die Frustration der Muslime, die jeder Zeit in Aggression umschlagen kann, ist angesichts dieser Macht- und Statusverhältnisse zu ihren Ungunsten enorm. Dieses um sich greifende unerträgliche Gefühl der Demütigung wird z. B. ausgedrückt durch den Imam einer Moschee in Jerusalem, wenn er hervorhebt: „Früher waren wir die Herren der Welt und jetzt sind wir nicht einmal Herr unserer eigenen Moschee.“25

<

Aus dieser Erfahrung heraus sind vor allem die vergangenen zwei Jahrhunderte des sozialen Abstiegs der islamisch geprägten Gesellschaften gekennzeichnet gewesen nicht nur durch eine kollektive Trauer um eine verherrlichte Vergangenheit, sondern auch durch Erklärungsversuche für den Verlust der einstigen hegemonialen Position der Muslime und die Suche nach entsprechenden Überwindungsstrategien. Dabei entwickelten sich im wesentlichen drei Strömungen, die jeweils ein breites Spektrum umfassen. Neben säkularem Modernismus und islamischem Reformismus, ist der Islamismus also eines der Erklärungs und Reaktionsmuster der islamisch geprägten Menschen.

 

Als sich als Folge eines Entwicklungsschubes in Europa die Machtbalance vorerst endgültig und unübersehbar zu Ungunsten der Muslime verschob, verbreitete sich zunächst ein allgemeines Gefühl der Fassungslosigkeit unter ihnen. Sie fragten sich, was verkehrt gelaufen wäre? Die Islamisten fühlten sich dabei von Gott verlassen, und fragten sich, warum sich Gott von ihnen abgewendet hätte? Sie führten dies auf die Vernachlässigung der islamischen Gesetze im Sinne der normativen Struktur einer von Gott bevorzugten Gesellschaft der Muslime zurück, wie sie sich durch die Modernisierung im Sinne der Verwestlichung beschleunigte. Dies vor allem deswegen, weil die durch den sozialen Abstieg der Muslime eingeleitete erweiterte Reproduktion der Neuverteilung der Machtchancen sich nicht nur auf die militärischen und ökonomischen Ressourcen bezog, sondern auch auf die Definitionsmacht über die normative Ordnung der sozialen Realität. Damit ging eine ansetzende Transformation der Verhaltens- und Erlebensstandards einher, die fortan als überlegene westliche Standards und als Ausdruck des höheren eigenen Selbstwerts der Nicht-Muslime ostentativ hervorgehoben wurden.

 

Die Islamisten sehen folglich die Lösung des Problems in der Bekämpfung der Verwestlichung der islamisch geprägten Gesellschaften, während sie die Muslime zu einem Gott gefälligen Leben nach dem islamischen Gesetz, der Sharia, auffordern und es in Gestalt einer Re-Islamisierung der Staatsgesellschaften durchzusetzen versuchen.

 

Der Islamismus ist daher eine Religion dieser aufstiegsorientierten, und als solche chiliastisch geprägten Nativisten, wie es z.B. Ajatollah Chomeini hervorhebt: „Der Islam ist die Religion der Kämpfer, die für Recht und Gerechtigkeit eintreten, die Religion derer, die nach Freiheit und Unabhängigkeit streben, die Schule der Kämpfer gegen den Kolonialismus“.26 Ihre militanten Angriffe sind daher auf eine Überwindung von als ungerecht und entwürdigend empfundenen Macht- und Statusverhältnissen gerichtet, die sie traumatisierten.25

 

5. Der Terrorismus der Islamisten als Funktion der Destruktivität von Idealen angesichts der realen Chancen ihrer Verwirklichung

 

Der Versuch, den Schock der Erkenntnis der gewandelten Position der muslimischen Welt um jeden Preis zu vermeiden, und der heftige Wunsch, den Entwicklungsprozess umzukehren, der die islamisch geprägten Gesellschaften in so einen niedrigen Rang stürzte, fällt mit den Selbstmordattentaten deswegen so extrem aus, weil die faktischen Ressourcen dieser Gesellschaften im Vergleich zu dem Ideal, zu dem Traumreich, für dessen Wiederherstellung sie von den Islamisten eingesetzt werden, sehr gering sind. In diesem Sinne bestätigen die Selbstmordattentate nur die Regel, dass je schwächer, je unsicherer und verzweifelter die Menschen auf ihrem sozialen Abstiegsweg werden, je schärfer sie zu spüren bekommen, dass sie um ihren erinnerten Vorrang mit dem Rücken zur Wand kämpfen, desto roher ihr Verhalten, desto akuter die Gefahr ist, dass sie die zivilisierten Verhaltensstandards, auf die sie stolz sind, selbst missachten und zerstören.27

 

 

Hannover, Mai 2001

 

 

_________________

1 Norbert Elias: Die Gesellschaft der Individuen, Ffm 1987, S. 219ff

 

2 Samuel P. Huntington: The clash of civilizations and the remaking of World order,

Siehe:http://www2.tagesspiegel.de/archiv/2002/02/11/ak-mn-667856.html, und http://www.propositionsonline.com/html/fighting_for.html.

 

3 HAZ 27.9.01

 

4 Norbert Elias, John L. Scotson: Etablierte und Außenseiter, Ffm.1990, S. 8

 

5 Der Charakter solcher erniedrigenden und stigmatisierenden Statusideologie der Etablierten als Angriff- und Verteidigungswaffe gegen die als bedrohlich empfundene Außenseitergruppen manifestiert sich u.a. exemplarisch in einem Beitrag eines der Falken unter den amerikanischen Nahe Ost Experten über Saudi Arabien unter dem Titel „nicht Freund oder Feind“, dessen Kultur er als „notorisch rückständig, engstirnig und barbarisch“ angreift. Mit dieser Erniedrigung attackiert er eine der mutmaßlichen künftigen Herausforderer der USA, was er als eine Anmaßung empfindet: „Trotz dieser Nachteile betrachten die Herrscher des Königreichs sich als Anführer von mehr als einer Milliarde Muslimen weltweit und als Vorhut einer Bewegung, die letztendlich die als korrupt und verdammt abgelehnte westliche Zivilisation besiegen und ersetzen will. Diese übermäßige Ambition leitet der saudische Staat aus seiner Funktion als ‘Protektor der zwei heiligen Stätten’, der Städte Mekka und Medina ab“ 5

 

Wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Stigmatisierungen dem engsten und bisweilen treuesten Verbündeten der USA gelten, kann man das Gefühl der Bedrohung durch hegemoniale Herausforderung erfassen, aus dem heraus solche emotionalen Reaktionsmuster entstehen, die entsprechende Gegenreaktionen hervorrufen. Dieses Erfahrungsmuster manifestiert sich in seiner Angst gesättigten Prognose, welche die Erfahrungswelt der Etablierten annährend kennzeichnet: „Wie dominant auch die USA heute sein mögen, es gibt eine Anzahl von Möchtegern-Nachfolger, und Saudi Arabien ist nicht weniger ambitioniert als die anderen.“

 

6 Vergl. Norbert Elias, John L. Scotson: a.a.o., S. 84f

 

7Siehe:http://www2.tagesspiegel.de/archiv/2002/02/11/ak-mn-667856.html, und http://www.propositionsonline.com/html/fighting_for.html.

 

8 Denn „in der Konsequenz richtet sich ihr Hass nicht allein gegen das, was unsere Regierung tut, sondern gegen das, was wir sind - gegen unsere Existenz.“ (...) „Wer also sind wir? Was sind unsere Werte? Für viele Menschen, viele Amerikaner, einen Gutteil der Unterzeichner eingeschlossen, sind einige Werte, die in Amerika sichtbar werden, nicht erstrebenswert und schmerzlich. Konsum als Lebenszweck. Der Begriff von Freiheit als Fehlen von Regeln. Das Verständnis des selbstbestimmten und uneingeschränkt souveränen Individuums, als ob es anderen und der Gemeinschaft nichts schuldig sei. Die Schwächung von Ehe und Familienleben. Zudem den enormen Unterhaltungs- und Kommunikationsapparat, der solche Ideen rücksichtslos glorifiziert und sie, ob willkommen oder nicht, in fast jede Ecke des Globus sendet. (...) Gleichzeitig gibt es andere amerikanische Werte - die wir als grundlegende Werte begreifen, die unsere Lebensweise definieren -, die sich von den zuvor genannten unterscheiden und weit attraktiver sind nicht nur für Amerikaner, sondern für die Menschen überall auf der Welt“. (ibid)

 

9 „Verschwörungsdenken hat tiefe Wurzeln in der islamischen Kultur“, stellt der irakische Exil-Autor Samir Al-Khlil in seinem Buch „Republic of Fear“ (S.100) fest, ohne nach ihrer Sozio- und Psychogenese zu fragen.

 

10 Bassam Tibi: Kreuzzug oder Dialog; in Volker Matthis(Hg.):Kreuzzug oder Dialog – Die Zukunft der Nord-Süd-Beziehung, Bonn 1992, S.115

 

11 Vergl. Misbah Yazdi, Muhammd Tagi: Cultural Assault, Qom 2000 (1380)

 

12 Vergl. Emile Durkheim: „Die elementaren Formen des religiösen Lebens“, Ffm., 1994

 

13 Auch die Falken der US-amerikanischen Nahostexperten, wie z. B. Daniel Pipes, leugnen diese Gemeinsamkeit nicht. (Daniel Pipes: American Policy toward Islam, Georgetown University, Centre for Muslim-Christian Understanding, September 23, 1999, dplist-admin@danielpipes.org> ; derselbe: Islam and Islamism – Faith and Ideology, in The National Interest, Spring 2000, < dplist-admin@danielpipes.org>)

 

14 Nativismus bedeutet demonstrative Hervorhebung der als eigen definierte Werte. Vergl. W.E. Mühlmann et al: Chiliasmus und Nativismus. Studien zur Psychologie, Soziologie und historischen Kasuistik der Umsturzbewegungen, Berlin 1961

 

15 Dawud Gholamasad: Iran – Die Entstehung der „Islamischen Revolution“, Hamburg 1985

 

16 Vergl. W.E. Mühlmann et al.

 

17 Der gegenwärtige Wunsch einiger „Schurkenstaaten“, Zugang zu Massenvernichtungswaffen zu bekommen, liegt ebenfalls nicht zuletzt in diesem Bedürfnis begründet, sich mit entsprechenden Macht- und Statussymbolen auszustatten, um sich so international Respekt zu verschaffen.

 

18 Vergl. Norbert Elias, John L. Scotson: Etablierte und Außenseiter. Frankfurt am Main 1990, S.312

 

19 Er fand Bestätigung durch eine Zeile des berühmten persischen Dichters Nasser Khosro, in der es hieß: Die Furcht des Volkes vor dem Tod ist eine Krankheit, die nur der Glaube heilen kann. (Vergl. Amir Taheri: Chomeini und die islamische Revolution, Hamburg 1985, S. 144f.)

 

20 Vgl. Norbert Elias, Studien über die Deutschen, Ffm. 1989, S. 460

21 Vergl. Norbert Elias: Wandlungen der Ich-Wir-Balance; in: derselbe: Die Gesellschaft der Individuen, Ffm. 1988, S. 207ff

22 Extracts from the letters allegedly written by Osama bin Landen, in: The Gurdian, Thursday 18 October 2001, P. 10

 

23 Vergl. CNN.com – Bin Laden, millionaire with a dangerous grudge- - September 13, 2001-11-12

 

24 Extracts from the letters allegedly written by Osama bin Landen, in The Gurdian, Thursday 18 October 20001, P. 10

 

25Daniel Pipes: Islam and Islamism – Faith and Ideology, in The National Interest, Spring 2000, , < dplist-admin@danielpipes.org>

 

25 Die traumatische Erkenntnis des Machtverlusts ihrer Staaten als hauptsächliche Brennpunkte, auf die sich ihre Zwillingswünsche nach einer Identität und nach einem Wert, einer Zugehörigkeit, einem Sinn über die eigene Lebensspanne hinaus richten, geht mit einer Identitäts- und Sinnkrise einher. Es ist die Erfahrung dieser Sinnkrise, die in Ajatollah Chomeinis rhetorischer Frage mitschwingt: „Waren die Gesetze, deren Darlegung, Propagierung, Verbreitung und Durchsetzung den Propheten dreiundzwanzig Jahre Arbeit kosteten, nur für eine begrenzte Zeit?“ Ajatollah Chomeini: Der islamische Staat, Berlin, 1983, S. 16

 

27 Vergl. Norbert Elias: Studien über die Deutschen, Ffm. 1989, S.463